12 Tage sind wir bereits auf der Südinsel von Neuseeland unterwegs. Wir haben Mückenplagen überlebt, Gletscher, Fjorde und Seen bewundert sowie einsame oder von Touristen überlaufene Orte besucht. Wir haben atmosphärische Störungen, die unweigerlich entstehen, wenn 5 Menschen auf engsten Raum zusammenleben, behoben und uns inzwischen sogar damit angefreundet, dass der Wettergott in Neuseeland eine andere Vorstellung von Sommer hat als wir.
Gestartet in Christchurch sind wir über den Lewispass und dann entlang der Westküste bis hinunter zum Milford Sound gefahren.
Ach ja, noch der rechtliche Hinweis: Der Artikel enthält Werbung. Dafür wurde ich nicht bezahlt, sondern es hat mir dort so gut gefallen, dass ich es dir empfehlen möchte.
Die Halbinsel Otago ganz im Süden von Neuseeland
Wir durchqueren zum zweiten Mal die Südinsel. Von Te Anau im Westen fahren wir durch die Catlins, eine goldene mit Tussockgras bewachsene Landschaft. Unser Ziel ist die Halbinsel Otago, die eine spektakuläre Küste aufweist, und wo es Blaue Zwergpinguine, die sehr seltenen Gelbaugenpinguine und die einzige Festlandkolonie von Königsalbatrossen geben soll.
Spät am Nachmittag erreichen wir die Halbinsel. Leider ist die Küstenstraße gesperrt, und wir müssen über die Highcliff Road ausweichen. Die ist allerdings nichts für schwache Nerven, denn sie windet sich über haarsträubende Kurven in die Höhe. Damit mir der Blick in den Abgrund erspart bleibt, zieht dicker Nebel auf. Na Klasse. Wenn wir schon hier oben herumkurven müssen, wollte ich wenigstens einen Blick auf Larnach Castle werfen, dem einzigen Schloss Neuseelands. Daraus wird wohl nichts, ebenso wenig aus der spektakulären Fernsicht. Die Welt versinkt im grauen Wolkenmeer. Im Schneckentempo geht die halsbrecherische Fahrt weiter nach Portobello.
Wir parken das Wohnmobil auf dem kleinen Campingplatz und bummeln anschließend durch den winzigen Küstenort, was in 15 Minuten erledigt ist. Dann kümmern sich die jungen Leute um das Wäschewaschen, Thomas hat Küchendienst und mein Part ist aufräumen und Geschirr spülen. Dabei höre ich, dass man die Tiere sehr gut am frühen Morgen beobachten kann. Also schnell ins Bett, damit wir um 5.30 Uhr starten können. Oh Graus.
Wo sind denn hier die Pinguine und Königsalbatrosse?
Es ist 6 Uhr, als wir von Portobello über die Küstenstraße bis zur Landspitze von Taiaroa fahren. Jetzt hoffen wir mal, irgendeines dieser einzigartigen Tiere zu sehen. Fehlanzeige. Außer Unmengen von brütenden Möwen und ein paar Robben, die sich durch die Brandung auf ihre Sonnenfelsen spülen lassen, gibt es nichts. Der Zaun zur Albatros Kolonie wird eine Stunde vor Sonnenuntergang geschlossen und erst um 11.00 Uhr für Führungen wieder geöffnet, steht auf dem Schild. (60-Minuten Führung kostet 52,00 NZ$/Erwachsenen. Stand 2020). Pinguine gibt es erst in der Dämmerung zu bestaunen (75-Minuten für 35NZ$/Person). In den übrigen Zeiten ist hier alles hermetisch abgeriegelt. Doch selbst bei den Führungen gibt es keine Garantie, eines der scheuen Tiere zu sehen.
Allerdings hat der frühe Morgen durchaus seinen Reiz. Die aufgehende Sonne färbt Land und Wasser in sanftes Rosa und Violett. Dann wird es Zeit aufzubrechen. Zurück fahren wir über die Küstenstraße, die sich ganz dicht ans Meer schmiegt. Es geht an Otakou vorbei, einer historischen Maorisiedlung, der die Halbinsel ihren Namen verdankt. Die Strecke ist wunderschön. Am liebsten möchten wir überall anhalten, um die Ausblicke zu genießen, aber wir haben noch viele Kilometer vor uns.
Alles Käse in Neuseeland? Ja, und zwar ausgezeichneter
Um 9.15 Uhr erreichen wir die Evansdale Cheese Factory direkt an der N 1. Große Schilder verkünden ihr Vorhandensein, doch hier ist überhaupt nichts los. Alles wie ausgestorben. Vorsichtig nähern wir uns der Tür. Sie ist nur angelehnt. Wir nehmen unseren Mut zusammen und treten ein. Der Eingang ist mit Gerümpel vollgestellt, alles ist dunkel. Eine Klingel fordert zum Schellen auf, wenn man Bedienung wünscht. Machen wir. Im nächsten Raum entdecken wir im Dämmerlicht eine gut bestückte Käsetheke.
Ein junger Mann kommt hinter einer Ecke vorgestürmt und lässt einen Redeschwall auf uns los. Wir verstehen mal wieder nur Bahnhof, denn das in Neuseeland gesprochene Englisch ist uns nach wie vor völlig unverständlich. Ist es überhaupt Englisch? Er sieht aus, als wäre er schnell in seine Klamotten gesprungen, die Haare sind noch nass und verstrubbelt. Wie dem auch sei, wir nicken freundlich und suchen uns Käse aus. Am liebsten hätten wir von jeder Sorte ein Stück, denn sie sehen sehr sehr lecker aus. Der junge Mann bestätigt, dass sie auch ebenso schmecken. Dann entnehmen wir seiner Rede, dass eigentlich erst ab 10 Uhr geöffnet ist, doch gerne macht er eine Ausnahme. Super. Gut bepackt mit 5 Sorten Käse, zuzüglich 2 Sorten Gelee (Pfeffer und Pfirsich) plus 3 Probestücke Käse gratis, verlassen wir den Laden.
Moeraki – ein idyllisches Fischerdorf und mysteriöse Steinkugeln
Wir biegen nach Moeraki Village ab. Am Hafen sammeln wir Grünlipp-Muschelschalen und schauen den einstigen Walfängerort an. Wir sehen den Ausguck mit seiner weißen Fahne. Die wurde früher gehisst, wenn Wale gesichtet wurden. Dann stürzten alle Männer in ihre kleinen Boote und die Jagd begann. Ein blutiges gefährliches Geschäft, das jedoch viel Geld einbrachte, denn Walöl und Ambra waren begehrt.
Auf der Landzunge machen wir Mittagspause bei „Fleurs Place“. Wir sitzen draußen mit Blick über das Meer. Traumhaft schön ist es hier. Während der Koch Kräuter sammelt, genießen wir verschiedene Käseköstlichkeiten, die allesamt aus der Evensdale Cheese Factory stammen.
Der nächste Halt ist bei den Moeraki-Boulders. Das sind riesige runde Steinkugeln, die vor 60 Millionen Jahren vom Meeresgrund an die Küste gespült sein sollen, doch Niemand weiß es genau. Eine Legende berichtet, dass es Lebensmittelkörbe sind, die von einem leck geschlagenen Maorikanu ins Meer fielen und sich dort zu glatten Kugeln verwandelten. Die Steine sind nett anzusehen, doch so richtig spannend ist eigentlich nur eine Zerbrochene, die ihr geheimnisvolles Innenleben preisgibt und eben die Geschichten, die sich um sie ranken.
Eine Wahnsinnswunderstadt namens Oamaru
45 Minuten später erreichen wir Oamaru. Prächtige Bauten aus weißem Kalkstein säumen die Hauptstraße. Wir beschließen hier zu bleiben, da das Städtchen nett aussieht, es einen Campingplatz direkt am Hafen gibt, und wir hier vielleicht doch noch Pinguine sehen.
Welch ein Ort. Die Zeit scheint irgendwo im letzten Jahrhundert stehen geblieben zu sein. Besonders sehenswert sind die Hafenstraße und Trymstreet. In den einstigen Speicherhallen sind Läden untergebracht, die jeder für sich eine Show sind: Kostümverleih, Steinhauer, Buchbinder, Whiskeydestille, Brauerei, Bäcker, Bastler, Künstler, Secondhand, Eismacher und was weiß ich noch alles. Dazu eine Wahnsinnswunderweltgalerie. Die meisten Verkäufer sind passend kostümiert. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Die Enkelin dagegen ist hingerissen vom total ausgefallenen Spielplatz und den vielen Kunstwerken aus altem Eisen.
Abends lassen wir uns unseren Evendale Cheese schmecken, dazu ein Glas roten Syrah und der Blick auf türkisblaues Meer im Sonnenschein. Herz, was willst du mehr. In der Dämmerung machen wir uns auf zu den Blaupinguinen. Hoffen wir mal, dass wir welche sehen. Sie sollen zu später Stunde aus dem Meer kommen und zu ihren Nestern watscheln, verrät uns die Dame in der i-site. Und das Ganze gibt es völlig kostenlos. Prima.
Pinguine zwischen Touristenrummel und Naturschutz
Wir gehen also zum bezeichneten Platz und erleben eine böse Überraschung. Es gibt eine Zuschauer-Tribüne, extra gebaute Nester, hermetisch abgeriegelt von der Außenwelt, bewacht von zahlreichen Aufpassern. Zum Preis von 28 $/Person kann man an dieser Pinguin-Show teilnehmen. Scharen von Touristen werden gerade in Bussen herangekarrt. Wir hören den Animateur über den Lautsprecher Erklärungen abgeben. Von wegen Schutz der Pinguine und leise sein. Boah, das ist . . . mir fehlen die Worte. Empört blasen wir zum Rückzug, denn Pinguine in einem zubetonierten „Stadion“ wollen wir nicht sehen.
Auf dem Rückweg treffen wir eine „Pinguin-Advokatin“, das sind Menschen, die sich dem Schutz der Pinguine verschrieben haben. Sie erklärt uns, dass wir Pinguine sehen können, wenn sie vom Hafengelände zu ihren Nisthöhlen am Berg watscheln. Wir werden von ihr eingewiesen: Stellt euch hinter die Absperrungen, verhaltet euch absolut leise und wartet geduldig. Beim Fotografieren ist Blitzlicht nicht gestattet, denn es würde die scheuen Tiere erschrecken. Um 22.00 Uhr watschelt der erste kleine Pinguin an Land. Ist der süß. Er scheint alle Zeit der Welt zu haben, putzt sich am Straßenrand, sieht sich ein bisschen um. Wahrscheinlich hat er den anderen gemeldet, dass die Luft rein ist, denn es trotten weitere dieser possierlichen Gesellen heran. Plötzlich kommen Busse. Die Show ist zu Ende. Irritiert blinzeln die Kleinen ins Scheinwerferlicht. Weitere Pinguine sind im Anmarsch. Ich hoffe sehr, dass ihnen nichts passiert.
Wie passt das jetzt alles zusammen? Touristenattraktion „Pinguin“ mit Rummelplatz-Atmosphäre, Krach durch Busse und Autos mit Scheinwerferlicht gegen den Schutz der seltenen Tiere mit Stille und Dunkelheit. Ich stehe vor einem Rätsel.
Morgens nach dem Frühstück spazieren wir nochmals durch diesen besonderen Ort zwischen „Steampunk“ und viktorianischer Zeit, Lagerschuppen und großartigen Gebäuden aus Limestone, dem typisch regionalen Kalksandstein. Wir möchten gar nicht weiterfahren, zu schön ist es hier. Neuseeland, wir beiden kommen uns näher und näher.
Um 12.00 Uhr geht es schließlich doch on the road. Ein langer Weg an der Ostküste entlang bis nach Kaikoura liegt vor uns. Dort wollen wir Wale beobachten.
Leseempfehlung:
Teil 1 – Warum wir nach Neuseeland reisten
Teil 2 – Warum nur hat sich der liebe Gott Sandflys ausgedacht?
Wenn Du noch mehr von Neuseeland wissen willst, dann abonniere doch unseren kostenlosen Newsletter. Einfach Deine E-Mail-Anschrift eintragen und Du bleibst immer auf dem Laufenden.