Thomas will wandern, ich ans Meer. Beides vereinen die Küstenwege von Los Silos nach Garachico oder Buenavista auf’s Beste.
Die „Heiligen Drei Könige“
Das Corona-Virus lässt noch keine größeren Festivitäten zu, weshalb die Heiligen Drei Könige ohne ihr Gefolge mit dem Auto durch Los Silos fahren. Lautes Hupen unterbricht immer wieder die Stille der Nacht und meinen Schlaf. Müde schlurfe ich zum Frühstücksbüffet. Nachdem ich mich gestärkt habe, kehren meine Lebensgeister zurück. Das Meer ist vom Hotel aus einfach zu finden, wir müssen uns nur an der Bausünde in Form eines Hochhauses orientieren. Der Weg nach Garachico zweigt nach rechts ab.
Die Faszination des Meeres
Thomas hat es schwer mit mir. Fasziniert von den Wellen, bleibe ich immer wieder stehen. Stundenlang könnte ich den Wogen zusehen wie sie donnernd an die Felsen krachen, sich zu hohen Fontänen aufschwingen bevor sie, gekrönt von schillernden Regenbögen, in sich zusammenfallen. Dann beginnt das Schauspiel von vorn. Am Strand „El Gomero“ trifft blaues Meer auf schwarzes Lavagestein. Welch ein Kontrast. „Ach, lieber Thomas, lass uns ein Weilchen hier bleiben und dem ewigen Spiel der Wellen zusehen“, bitte ich und ernte einen Seufzer gepaart mit einem Blick gen Himmel. Ich lege das mal als Zustimmung aus.
Ein Meilenstein in der Telekommunikation
Thomas drängt zum Aufbruch, schließlich wollen wir heute noch in Garachico ankommen. Ein Stück fesselt die „Caseta de Telégrafo“ mein Interesse. Dieses kleine Häuschen ist ein großer Schritt in der Geschichte der Telekommunikation. Von hier nach La Palma wurde 1883 das 1. Unterwasserkabel im Atlantik verlegt. Mit dem Anschluß an Spanien erschienen die Kanaren auf der Landkarte der europäischen Kommunikation. Teneriffa wurde ein interessantes Ziel für Touristen und rund um Los Silos entstanden Zuckerrohrplantagen.
Auf Zucker folgt Banane
Gleich gegenüber dem Telegraphenhäuschen liegt die 1889 von einer englischen Firma errichtete Zuckerrohrfabrik. Das weiße Gold bringt Wohlstand ins Dorf Los Silos, eine rege Bautätigkeit und schließlich den Titel „villa“ = Stadt. Nachdem der Markt zusammenbrach, verlegte man sich auf den Anbau von Bananen. Heute ist jeder Quadratzentimeter bepflanzt und die gelben Früchte werden in der ehemaligen Zuckerrohrfabrik verpackt. Wir beobachten das Beladen der LKWs. Das ist Schwerstarbeit, denn die Büschel wiegen bis zu 50 kg. Wir grübeln noch lange, warum die Fruchtstände blaue Tüten brauchen und wieso ein großer Teil der Stauden in Plastik-Gewächshäusern stehen? Die Planen sind nicht nur hässlich sondern teilweise auch völlig zerschlissen. Wo die Plastikfetzen landen, können wir uns denken – im Meer.
Proteste
Kurz darauf sehen wir ein Holzkreuz und ein schwarzes Gebilde aus Metall, vor dem Blumen (inzwischen trocken) niedergelegt sind. Ist das Kunst? Nein. „Keine Einleitungen ins Meer“ steht auf einem Schild neben dieser Trauerschleife. Später entdecken wir noch mehr Protesttafeln an Zäunen und Häusern in Los Silos. Nachdenklich setzen wir unseren Weg fort. „Was da wohl ins Meer geleitet wird?“, fragen wir uns. Zum Glück verscheuchen neue Eindrücke die dunklen Gedanken.
Ein hübscher Ort direkt am Meer
Wir erreichen La Caleta de Interián. Immer geradeaus kommen wir zu einem kleinen Platz mit Bänken. Geschützt vor der Brandung plantschen ein paar Menschen vergnügt in den Lavapools (Charcos = Pfütze) herum. Gefühlvolle Bezeichnungen tragen diese Badewannen: die Damen, die Romantische und das Kompliment.
Wir schlendern weiter durch den Ort, vorbei an der Kirche und kommen zu einem hübschen Strandabschnitt mit Promenade. An deren Ende ist allerdings Schluss. Ein Gitter versperrt uns das weitere Vorankommen. Anscheinend hat sich das Meer einen Teil der Küste einverleibt, denn ein Weg ist nicht mehr zu sehen. Also gehen wir bergauf und laufen an der Straße entlang. Boah, ist das öde.
(Zwei Jahre später in 2024 stehen wir wieder hier. Nun ist der gesamte Strandabschnitt gesperrt. Es wird gebaut.)
Weiter mit dem Bus
Statt an der Straße entlang zu gehen, empfehlen wir Dir den Bus 363 zu nehmen. Steig an der Haltestelle „La Cuesta“ aus und laufe das letzte Stück bis zum „Auswanderer-Denkmal“. Genieße den traumhaften Blick auf Garachico und verweile ein wenig (es gibt einen Kiosk) bevor Du weiter bergab in die Stadt läufst.