Heute erleben wir einen Tag in Brasilien als Gast auf einer Fazenda. Wir bekommen einen Einblick in die Verarbeitung der Bocaiúvanüsse, stehen in einem Schwarm von Killerbienen und betrachten einen Termitenhügel, an dem ein Ameisenbär gewütet hat. Außerdem muss eine Kuh ihr Leben lassen. Abends gibt es eine Suppe, nach der man vier Stunden nicht schlafen darf, so ein Quatsch…

 

Der nächste Morgen begann mit einem Blutbad. Die wöchentliche Schlachtung eines Rindes stand an. Das Fleisch wird üblicherweise unter den Farmbeschäftigten aufgeteilt. Guto fragte, wer sich das Schlachten ansehen wollte. Stefan und ich wollten, die anderen konnten kein Blut sehen.

Schlachtung

Dafür gab einen überdachten Stand dafür mit ordentlichem Betonboden. Die Kuh wurde nicht betäubt, sondern direkt in die Hauptschlagader abgestochen. Das Tier selbst stand relativ ruhig da, blutete aus, sackte zu Boden und schloss ein letztes Mal die Augen. Vor Jahren habe ich in Deutschland auf einem Schlachthof zugeschaut, wie Kühe getötet wurden, das war mit wesentlich mehr Stress und Angst für das Tier verbunden. Viele schreien auf, wenn sie von einer Schlachtung ohne Betäubung hören, haben aber selbst nie den Ablauf gesehen. Meine Meinung dazu war vorher eine andere.

Schlachtung

Zwei Farmarbeiter hängten das Rind mit Ketten etwas hoch, zogen ihm gekonnt das Fell ab und begannen mit der Zerlegung. Eine Stunde später lagen die Fleischstücke grob zerteilt auf dem Schneidetisch. Ich war beeindruckt, wie schnell das ging.

Verarbeitung

Teco und Guto bei den abgepackten Nussschalen

Bocaiúvanüsse verarbeiten

Am Vormittag gab es eine Führung durch das Produktionsgebäude für die neu aufgebaute Verarbeitung der Bocaiúvanüsse. Bei dieser Minikokosnuss muss zuerst eine harte Schale gebrochen und abgelöst werden. Diese wird später als Pflanzensubstrat für Orchideen verkauft. Anschließend gilt es ein gelbes Mark zu entfernen, welches getrocknet wird und sich für Milchshakes oder Puddingzubereitung eignet. Danach muss eine weitere Schale entfernt werden, ehe man die fingerkuppengroße Nuss freigelegt hat. Aus dieser wird das Öl mit einer Ausbeute von 30% herausgepresst. Die Technologien sind teilweise noch in der Entwicklungsphase und nicht alle Probleme gelöst.

Bocaiuvanuss

Die Nuss, nach den verschiedenen Verarbeitungsschritten

Alle Teile werden verarbeitet, teils mit erheblichem Handarbeitsaufwand, aber die Kosten sind in Brasilien vertretbar. Man ist bemüht, Arbeitsplätze zu schaffen. Die Halle ist groß und hell, die Hygiene tadellos. Das Endprodukt soll eventuell später in der Kosmetikindustrie eingesetzt werden, Universitätsstudien laufen. Als Mitbringsel bekam jeder Gast ein kleines Glas.

Nussmark

Hier wird das gelbe Mark abgeschält

Von den 1200 Bocaiúvanussbäumen auf der Fazenda konnte derzeit noch nicht die gesamte Ernte verarbeitet werden. Der Preis des kaltgepressten Öls liegt bei 15-18 Euro, das Mark kostet 10 Euro je Kilo.

Bei den Killerbienen

Am Nachmittag bekamen Elvira und ich noch eine besondere Führung. Ein weiterer Geschäftszweig waren nämlich die Bienen. Bisher hielt man 200 Völker und wollte im Verlauf des Jahres auf 400 Völker aufstocken und in zwei Jahren bei 1000. Bedenkt man dazu, dass man pro Volk circa 50 kg Honig im Jahr ernten kann, ergibt die eine Jahresproduktion von 50 Tonnen. Für mich als Imker natürlich sehr interessant. Der „Bienenmann“, wie wir Teco nannten, nahm uns mit in seinen Lagerbereich. Stefan agierte wieder als Dolmetscher.

Imker

Teco, der Bienenmann

Wir bekamen Schutzanzüge verpasst, allerdings nicht in dem dünnen Stoffkaliber, wie sie in Europa üblich sind, wo wir recht sanftmütige Bienen züchten. Mit den dortigen Schutzanzügen hätte man als Scheintäter bei Schutzhundeprüfungen teilnehmen können. Aber die Bienen in Amerika nennt man nicht umsonst Killerbienen. Zusammen mit der Haube konnte man uns nun für Astronauten halten. Dann fuhren wir mit dem Auto zu den Kästen.

Save

Ja, da stecken wirklich wir drin

Bereits beim Öffnen der Beutedeckel attackierten uns die Bienen. Teco kannte das nicht anders, ich hingegen hätte mit solchen Tieren mein Hobby sehr schnell wieder an den Nagel gehängt. Wir störten die Tiere auch nicht zu lange, zumal gerade auch ein Nieselregen einsetzte. Bevor wir wieder ins Auto stiegen, fegten wir mit einigen Zweigen die ansitzenden Bienen ab, die uns noch dutzende Meter verfolgten.

Auf der Rückfahrt hielten wir am Sägewerk. Dort schnitten drei Arbeiter die Bretter für die Bienenzargen zurecht, welche später übereinandergestapelt die Beute eines Volkes ergaben, immer 2 bis 4 Stück.

Sägewerk

Im Sägewerk

Die Sonne neigte sich wieder dem Horizont entgegen, als wir uns vom Bienenmann verabschiedeten. Unterwegs zeigte uns Stefan an einem Termitenhügel noch die Spuren eines Ameisenbären, der es dank seiner kräftigen Krallen schafft, die steinharten Erdhügel der Nestbesitzer zu öffnen und anschließend zu plündern.

Termitenhügel

Stefan zeigt uns die Spuren des Ameisenbären

Fischsuppe am Abend

Vorm Abendessen durften wir den Küchenfrauen über die Schultern schauen. Es gab eine traditionelle Piararara-Fischsuppe. Alles war wieder fertig vorgearbeitet und wurde im Topf vermeng.

Zutaten

So vorbereitet, macht das Kochen Spaß

Augusto verbreitete das Gerücht, man dürfe frühestens vier Stunden nach deren Verzehr zu Bett gehen, sonst würde einem schlecht. Oh je, die Müdigkeit machte sich jetzt schon bei mir breit.

Suppe

Die fertige Suppe

Die Suppe schmeckte toll, das Bier sowieso. Jedoch drückte alles mehr und mehr auf die Augenlider. Zwei Stunden später ergab ich mich dem Schlafverlangen. Die Anderen hielten sich am Abend sicherheitshalber an die 4 Stunden Regel. Ich schlief wunderbar, wahrscheinlich hatte sich Guto irgendwann einmal an der Suppe überfressen und ihm wurde deswegen schlecht.

Am folgenden Morgen holte uns ein kleiner Bus ab nach Bonito, einem beliebten Ausflugsort im Pantanal. Er ist besonders bei den Brasilianern beliebt und daher sind auch die Preise der Ausflüge günstiger gestaffelt. Unsere Gastgeber hatten ein tolles Programm für uns zusammengestellt…

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