Ostheim, Bischofsheim und der Kreuzberg sind 3 Orte, wo ich unbedingt hin will, trotzdem es heiß ist in der Rhön, glühend heiß. Das Thermometer erreicht mittags 35° C, und wenn wir überhaupt noch etwas von der schönen Landschaft sehen oder einige der bezaubernden Städtchen besichtigen wollen, sollten wir zu Frühaufstehern mutieren. Ohhh, manchmal kann Reisen ganz schön hart sein.
Ostheim v. d. Rhön – Perle der Streu
Wir schlendern durch das mittelalterliche Städtchen mit seinen bezaubernden Fachwerkhäusern. Die Straßen sind klein, doch groß sind die Namen der Persönlichkeiten, nach denen sie benannt wurden. Wir treffen auf Mozart und Kant, Gerhard Hauptmann, die Gebrüder Grimm, Pestalozzi, Fröbel, aber auch auf Luther, Schiller und Goethe. Letzterer war sogar zu Besuch als das Städtchen unter sächsischer Herrschaft stand. Eine Tafel an der Streu-Promenade kündet davon.
Ostheim hat noch mehr Gegensätzliches zu bieten wie die kleinste Tageszeitung und die größte noch erhaltene Kirchenburg Deutschlands.
Imposant und wehrhaft – die Kirchenburg
Das Besondere der Kirchenburg ist, dass sie seinerzeit von den freien Ostheimer Bürgern und Bauern errichtet wurde, um sie sowie ihr Hab und Gut bei kriegerischen Auseinandersetzungen zu schützen. Jahrhundertelang sorgten sie deshalb auch für deren Instandhaltung.
Wir gehen am Schulglockenturm vorbei und betreten durch das historische Süd-Ost-Tor die Kirchenburg. Es ist eine Zeitreise zurück ins Mittelalter. An winzige Gassen schmiegen sich die Wohnhäuser, unter jedem liegt ein Gewölbekeller. 66 sollen es sein, gezählt habe ich sie nicht. Bis heute werden sie zur Vorratshaltung genutzt. In der Mitte thront die evangelische Michaeliskirche.
Das gesamte Ensemble wird geschützt von einem doppelten Mauerring mit vier Ecktürmen und halbrunden Bastionen, welche durch einen Wehrgang miteinander verbunden sind. Nachdem ich bei der Außenbesichtigung dieser wehrhaften Anlage von der Sonne fast gekocht wurde, war es im Inneren der Kirche wohltuend kühl. Eine Zeit lang vertiefe ich mich in das große Deckengemälde aus der Apokalypse (Offenbarung des Johannes) und lasse später im Nebenraum die beiden Engel mit ihren Posaunen auf mich wirken.
Entspannen an der Streu-Promenade in Ostheim v.d. Rhön
Höchste Zeit für ein großes, nein besser ein riesiges Eis. Nachdem auch das geschafft ist, lockt mich doch noch das Schild „Streu-Promenade“ an den Fluss. Herrlich ist es hier. Die Häuser spiegeln sich im Wasser, Enten schnattern, die Tafeln des Gewässerlehrpfads sorgen für meine Bildung, die Torbrücke ist besonders idyllisch und die zahlreichen Mühlen ebenso, auch wenn sie nicht mehr betrieben werden. In der Kneipp-Tretanlage kühlen wir unsere strapazierten Füße. Dort freuen wir uns auch über die Aktion „statt Strand – alles außer Sand“. Die Liegestühle laden zum chillen ein, es gibt Musik und aus dem Foodtruck kommen Leckereien. Großartige Idee.
Dies und das in Ostheim v. d. Rhön
Wer denkt, das wäre alles, was Ostheim v.d. Rhön zu bieten hat, der irrt. Gerne hätten wir noch das Orgelbaumuseum in Schloss Hanstein angesehen oder eine Runde auf dem „Ostheimer“ gewandert, doch unser Schmelzpunkt ist erreicht und wir brechen die Erkundungstour ab.
Ach ja, noch etwas: Hier befindet sich der Firmensitz der berühmten Bionade, außerdem ist Ostheim Standort von drei Brauereien. Für das flüssige Wohl ist also gesorgt. Möglich, dass sich deshalb eine Feier an die nächste reiht – vom Fasching über Stadtfest, dem Rhöner Wurstmarkt bis zur Christmas Night reicht die Palette und dazwischen gibt es jede Menge anderer Veranstaltungen. Einziger Wermutstropfen: die Bundesstraße zieht sich durch den Ort mit einem nicht abreißenden Verkehrsstrom.
Auf dem „Holzweg“ in Bischofsheim
Bischofsheim ist die Holzschnitzerstadt am Fuß des Kreuzbergs. Dieses Handwerk hat eine lange Tradition. Über 165 Jahr gibt es dort bereits eine Berufsfachschule für Holzbildhauer. In vielen Werkstätten kann man den Holzkünstlern über die Schulter schauen und hat anschließend die Qual der Wahl, welche dieser wundervollen Stücke man mit nach Hause nehmen will. So ist es kein Wunder, dass ein Holzskulpturenweg die Sehenswürdigkeiten und historischen Gebäude der Stadt miteinander verbindet.
Wir haben unser Auto bei der Josefskapelle geparkt und folgen den Schildern zum Stadtrundgang. Gleich hinter der Stadtmauer verführt mich der Hinweis auf ein Gartencafé zum Abbiegen. Ach, sieht das romantisch aus, doch Thomas hält mich mit strengem Blick davon ab: „Wir kommen doch gerade vom Frühstück. Außerdem sind wir nicht zum Essen hier, sondern weil du dir unbedingt diese Holzkunstwerke ansehen wolltest.“ Ja, manchmal hat Mann Recht und besser für meine Figur ist es allemal.
Von hölzernen Blumenbrettern und deftigen Speisen
Also gehen wir unverzüglich weiter zum Kirchplatz und bewundern die mächtige katholische Stadtpfarrkirche St. Georg. Julius Echter von Mespelbrunn, der spätere Fürstbischof von Würzburg legte den Grundstein. Neben seinem politischen und theologischen Wirken (er leitete die Gegenreformation mit ein) war er ein großer Bauherr, der seinen eigenen Stil entwickelte, die Echtergotik. Die Kirche in Bischofsheim besitzt den typischen Echterturm, einen spitzen achteckigen Helm auf quadratischem Grundriss.
An die Kirche angebaut ist der Zentturm und davor das alte Messnerhäuschen, in dem heute die Touristeninformation untergebracht ist. Gleich daneben steht auf den Grundmauern eines ehemaligen Klosters das Rentamt. Beim Weitergehen bewundere ich die außergewöhnlichen Blumenbretter, welche die Balkonkästen verzieren. Sie zeigen das ländliche Leben, die Mühe und Arbeit, aber auch den Lohn dafür in Form von deftigen Würsten und dicken Schinken.
Wieder einmal fallen mir die Straßennamen auf. Genau zwischen Herren- und Frauengasse liegt die Pantoffelgasse. Da stellt sich mir die Frage, wer wohl die Pantoffel anhat?
Auf dem Marktplatz werfen wir einen Blick auf die kunstvoll verzierten Brunnen aus Eisen. Und dann komme ich endlich doch noch zu meiner Einkehr. (Achtung: Die Nennung gilt als Werbung) Im Gasthaus Dickas mit eigener Schnapsbrennerei gönnen wir uns eine äußerst schmackhafte Brotzeit. Hier fällt mir zum ersten Mal auf, wie eng verflochten in der Rhön Gastronomie, Landwirtschaft und regionale Produzenten sind. Sehr empfehlenswert.
Zwei weitere Gründe, warum ich unbedingt nach Bischofsheim wollte:
- Sie ist Mitglied bei Cittaslow, der internationalen Vereinigung besonders lebenswerter Städte und
- einer der 100 Genussorte in Bayern. Hmmmh.
Der Heilige Berg der Franken
Eigentlich gehört er zum Pflichtprogramm jedes Rhön-Besuchers, der Kreuzberg. Zuerst war der Kreuzberg nur ein Wallfahrtsort, später gründeten die Franziskaner dort ein Kloster und brauten ihr eigenes Bier. Und das schmeckt bis heute und lockt viele Gäste an, die es sich in der Klosterschenke gut gehen lassen.
Auf den Kreuzberg geht man zum Bier trinken, zum wandern oder aus spirituellen Beweggründen. Wir verbinden mal alle drei. Durch den großen Biergarten laufen wir zur Kirche, wo gerade die Morgenmesse zelebriert wird. Es ist beruhigend, der Liturgie zu lauschen und die bekannten Kirchenlieder mitzusingen. An der Mariengrotte vorbei wandern wir bergauf zum Gipfelkreuz, welches sich allerdings den höchsten Platz mit einem Sendemasten teilen muss. Ein wenig bergab gelangen wir zur Kreuzigungsgruppe und verweilen dort. Unser Blick wandert über die Rhönkuppen und verliert sich in der Ferne.
Genau 1361 Schritte soll der älteste Kapellenkreuzweg Deutschlands lang sein, welcher den Weg Jesu von Jerusalem zur Hinrichtungsstätte auf Golgatha nachempfunden wurde. Ich habe nicht nachgezählt, als wir den Weg rückwärts gehen, über die Stufen vom Berg hinab zum Kloster, vom Tod ins Leben. Im Bruder-Franz-Haus sehen wir uns noch die Ausstellung zu Franz von Assisi an, kaufen im Laden einige Klosterprodukte und fahren zurück in unser Hotel, um den Nachmittag am Schwimmteich zu verdösen, denn es ist immer noch glühheiß.
Regionale Schlemmereien
Ganz besonders beeindruckt hat mich in der Rhön, dass überall von der kleinsten Imbissbude bis zum traditionellen Gasthof, regionale Produkte verarbeitet werden. Diese Betriebe sind gekennzeichnet mit der Dachmarke Rhön und den Silberdisteln (bei 3 Stück ist der Anteil regionaler Waren über 65%). Um die Region noch mehr zu stärken gibt es außerdem den Zusammenschluss von Gast-und Landwirten, genannt Rhöner Charme oder die länderübergreifende Partnerschaft der Gastronomen „Aus der Rhön für die Rhön“. Vorbildlich und nachahmenswert.
Ach, ein bisschen habe ich mich in die Rhön verliebt. In zwei Wochen komme ich wieder hierher, dann mit Enkelkind. Und später? Bestimmt immer mal wieder. Die Anreise ist kurz und es gibt noch so viel zu sehen, zu erwandern und? Na klar, zu verspeisen.
Bis zum nächsten Mal
Leseempfehlung: Die Rhön, Land der offenen Fernen im Dreiländereck
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Bin Neugierig auf Ostheim. Das Andere kenne ich bereits.
Schöner Bericht – Danke
Bitte, gern geschehen, lieber Christian.