Rio Sucuri
Auf den heutigen Tag freute ich mich ganz besonders. Es ging zum Schnorcheln in ein riesiges »Naturaquarium«. Der Rio Sucuri (Anaconda-Fluss) ist einer der reinsten Flüsse der Welt und erhielt einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Von zwölf unterirdischen Quellen gespeist, wird er schnell breiter und tiefer, bevor er nach nur etwa 2 km im freien Fall in einem größeren Fluss endet.
Wie ich diesen Tag erlebt habe, kannst Du hier lesen.
Die Einweisung
Die Sonne strahlt blau vom Himmel und wir alle hoffen auf mehr Wärme.
An der Startstation gibt es wieder eine sehr ausführliche Sicherheitseinweisung. Das Prozedere kennen wir bereits vom Vortag. Dort bekommt jeder einen dicken Neoprenanzug in seiner Größe verpasst. Die Dinger sind nass und lassen sich sehr schwer anziehen. Alle ziehen, zerren und zwängen sich hinein. Bauch einziehen, Reißverschluss zu geschafft, atmen – geht noch. Dann mit Schnorchel und Taucherbrille zum Poolbecken. Dort folgte die praktische Einweisung in die hohe Schnorchelkunst, diesmal sogar in Englisch.
Nachdem der Guide überzeugt ist, dass auch der Letzte die Technik beherrscht, gehen wir zu einem LKW, der uns auf seiner Ladepritsche flussaufwärts bringt. In einem weiten Bogen führt der Schotterweg zum Quellgebiet. Wir steigen ab und laufen noch ein Stück durch den Wald. Dort erwarten uns einige Affen und hoffen auf Futter, folgen uns bis zu einem Holzsteg. Hier heißt es jetzt einmal in die Brille spucken, wischen, damit sie nicht beschlägt, Brille auf, Schnorchel rein und ab ins Wasser.
Abtauchen
Wir brauchen nichts zu tun, die Strömung treibt uns voran. Der Anfang ist recht flach und wir rutschen halb über Gesteinsflächen. Doch der dicke Anzug schützt die Haut. Schnell wird es tiefer. Das Wasser ist glasklar und man hat eine tolle Sicht auf die Unterwasserwelt. Als Jugendlicher hatte ich jahrelang Aquarien mit tropischen Zierfischen. Es war immer mein Traum diese Tiere einmal in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu können. Heute wird er erfüllt, nach über 40 Jahren.
Ich fühle mich wie in einem riesigen Aquarium. Ständig wechselt der Bodengrund, die Bepflanzung, immer neue Bilder zeigen sich. Schwärme von Fischen ziehen vorbei. Serpasalmler, Rautenflecksalmer in allen Größen, Zwergwelse und Buntbarsche huschen hin und her. Hier haben die Pflanzen keine Probleme mit Algen, wachsen üppig über Baumwurzeln, die in den Fluss hineinragen. Dreißig Zentimeter große Piararas ziehen vorbei, rechts ein paar Barben. Auf der linken Seite begleitet uns ein Fischotter einige Meter.
Treiben lassen und genießen ist angesagt. Das einzig Störende ist Dorothees ständiges erzählen. Wieso kann sie beim Schnorcheln so viel quatschen? Ist ihr klar, dass das Spannende unter Wasser ist? Der Redefluss ist nicht zu bremsen, ich suche etwas Abstand. Irgendwann lande ich in den Ästen eines Baumes, der im Wasser liegt, befreie mich auf Grund der Strömung nur mühsam. Also doch ab und zu Kopf nach oben.
Das Unwetter
Gegen Ende der Schnorchelstrecke beginnt es, zu donnern. Das Wetter schlägt um. An einem Holzsteg werden wir herausgewunken, alle sind restlos begeistert. Wir nehmen wieder auf der LKW Pritsche Platz und fahren zurück zur Hauptstation. Ein übler Hagel setzt ein und peitscht uns mit voller Wucht die Kristalle ins Gesicht. Gewaltige Blitzformationen leuchten am dunkellila gefärbten Himmel auf. Alle setzen die Taucherbrillen als Schutz auf. Wir sitzen auf dem Laster, außerhalb des schützenden faradayschen Käfigs und fahren über freies Feld. Die aufwallenden Wolkenformationen scheinen wie mit einem Finger auf uns zu zeigen: »Da! Da sind sie!« Wieder zuckt ein Blitz auf die Erde nieder. Endlich am Lager angekommen, hellt der Himmel wieder auf. Die Temperatur ist um 10° gefallen.
Das Ausziehen der Neoprenanzüge erweist sich noch schwieriger, als das Anziehen. Wir müssen uns gegenseitig helfen, hat man doch den Eindruck, die Dinger saugen sich am Körper fest. Nachdem am Ausgang der Umkleide wieder alle halbwegs zivilisiert erscheinen, gibt es an der Hauptstation auch gleich das übliche Mittagsbüffet.
Caipirinha statt Kaffee
Zurück im Hotel Bonsai wollen Dorothee, Elvira und ich erst mal einen heißen Kaffee trinken. Die Jugend ist noch schneller am Barbereich und verzieht sich im beheizten Whirlpoolhäuschen. Aus unserm geplanten Kaffee wird ein Caipirinha und da man auf einem Bein nicht stehen kann…
Keine Stunde später sitzen wir alle im warmen Pool und lassen uns die Getränke dorthin servieren. Die weiteren Erinnerungen an den Abend gestalten sich zunehmend verschwommen. Abendessen ließ ich entfallen, warf mich stattdessen auf mein Bett und schlief durch bis zu folgenden Morgen.
Bonito mit seinen Exkursionen war sehr schön. An den folgenden beiden Tagen unternahmen wir noch zwei geführte Waldwanderungen, die uns Flora und Fauna der Gegend näher brachten. So sahen wir auch noch die berühmten Hyazintharas mit ihrem tiefblauen Federkleid, andere Aras und Tukane, giftgrüne Schlangen, kleine rote Frösche und reichlich Spinnen. An Wasserfällen wurden Badestopps eingelegt, die allerdings auf Grund der weiterhin niedrigen Temperaturen wenig Anklang fanden.
Nach vier Tagen fuhr uns der Bus wieder zurück zur Fazienda. Dort erwartete uns zwei Tage später ein besonders unangenehmes Abenteuer…
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Durch die Sümpfe der Kaimane
Hier noch einige Links zu den Blogseiten meiner Partnerin Elvira, in denen ihr auch lustige und spannende Berichte über Brasilienreisen lesen könnt: